Aerober und anaerober Stoffwechsel einfach erklärt. Damit ein Skelettmuskel sich kontrahieren bzw. arbeiten kann, braucht er Energie. Die Bereitstellung dieser Energie funktioniert durch aerober und anaerober Stoffwechsel.

Inhaltsverzeichnis

Aerober und anaerober Stoffwechsel und das Adenosintriphosphat (ATP)

Bevor es an aerober und anaerober Stoffwechsel geht, gilt es die Energiegewinnung zu verstehen. Die eigentliche Energiegewinnung im gesamten Körper erfolgt aus ATP (Adenosintriphosphat), d.h. eine Zelle kann nur aus ATP Energie gewinnen. Folgerichtig gewinnt auch der Muskel seine Energie aus ATP. Energie wird frei, indem ein Phosphat vom ATP abgespalten wird, es entsteht also ADP Adenosindiphosphat und ein Phosphat (P): ATP wird zu ADP + P + Energiefreisetzung.

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Muskelkontraktion durch ATP

Die freigesetzte Energie in der Muskelzelle sorgt dafür, dass sich das Myosin am Aktinfaden entlangzieht, womit es zur Kontraktion kommt. Das Myosin selbst spaltet das ATP, um die frei gewordene Energie zu nutzen für das Ziehen am Aktinfaden in Richtung der Z-Scheibe.

Du weißt nicht was der Myosin und Aktin faden ist? Kein Problem, dann schau gerne im Artikel Muskelanatomie vorbei.

 

Resynthese von ATP

Der Muskel selbst hat nur eine geringe Menge an ATP gespeichert, die lediglich 1 – 2 Sekunden unter Belastung ausreicht. Es muss also sogleich neues ATP „herangeschafft“ werden. Dies funktioniert in der Weise, als neues ATP aus dem Rückstand ADP des verbrauchten ATP wieder hergestellt wird, indem an das ADP das abgespaltene Phosphat wieder angebracht wird.

So entsteht ein Kreislauf ATP wird zu ADP, und ein Phosphat wird abgebaut, wodurch Energie frei wird. Und das ADP wird unter Energieaufwand und einem Phosphat wieder zu ATP aufgebaut (resynthetisiert). Dieser Wiederaufbau von ADP + P zu ATP wird auch Energiebereitstellung genannt, denn es wird ja neue Energie in Form von ATP bereitgestellt.

 

Verbrennung von Energiesubstraten

Die benötigte Energie, um ATP herzustellen wird aus Energiesubstraten wie Kreatinphosphat, Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß und Sauerstoff gewonnen. Verbrennung/Oxidation bzw. Abbau von Nährstoffen ist also nicht der direkte Energieverbrauch, sondern dient der Energiebereitstellung zur Bildung von ATP, das letztendlich als eigentliche Energiequelle der Zelle dient.

Die Energiebereitstellung bzw. die Herstellung von ATP wird direkt vor Ort in den Zellen betrieben, – entweder in den sogenannten Mitochondrien oder durch andere Stoffwechselvorgänge, die von Enzymen in der Zellmembran gesteuert werden.

Diese beiden Mechanismen kann man sich zu Vereinfachung wie „Zellkraftwerke“ vorstellen, die für die Zellen ATP produzieren. Dies kann auf 4 verschiedene Weisen geschehen, wie im Folgenden gezeigt wird.

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Aerober und anaerober Stoffwechsel

Aerober und anaerober Stoffwechsel

 

1. Aerobe (mit Sauerstoff) Energiegewinnung durch Kohlenhydrate

Hier findet die Energiegewinnung in den Mitochondrien statt, die ADP und P zu ATP zusammenbaut. Die Energie dafür holt sich das Zellkraftwerk, indem es das Glykogen aus den Glykogenspeichern in Traubenzucker (Glucose) umwandelt und mit Sauerstoff „verbrennt“, wodurch Energie frei wird, die zum Aufbau von ATP genutzt wird.

Als Abfallprodukt der Verbrennung von Traubenzucker und Sauerstoff entsteht Wasser und Kohlendioxid. Dies ist der simple Grund, warum wir unter Belastung schneller atmen: Der Körper benötigt vermehrt Sauerstoff – durch die Lunge aufgenommen und von den roten Blutkörperchen (Hämoglobin) zum Muskel transportiert, dort im Sauerstoffspeicher (Myoglobin) abgeladen und dort genutzt, um die Glucose zu verbrennen, um ATP herzustellen.

Kohlendioxid als Abfallprodukt wird im Blut zur Lunge transportiert und ausgeatmet. Diese Form der Generierung von ATP erfolgt am Anfang der Muskelarbeit bei niedriger bis mittlerer Intensität und wird innerhalb von 20 Minuten bei niedriger Intensität immer mehr von der nun folgenden aeroben Energiegewinnung durch Fettsäuren abgelöst.

 

2. Aerobe (mit Sauerstoff) Energiegewinnung durch Fettsäuren

Hier findet die Energiegewinnung in den Mitochondrien statt, die ADP und P zu ATP synthetisieren. Die Energie dafür holt sich das Zellkraftwerk, indem es Fettsäuren mit Sauerstoff „verbrennt“, wodurch die Energie zum Aufbau von ATP frei wird. Als Nebenprodukt der Fettsäureverbrennung entstehen wiederum Wasser und Kohlendioxid. Sauerstoff und Kohlendioxid werden wieder durch die Lunge und Blutbahn an-/abtransportiert.

Diese Energiebereitstellung verläuft langsamer als durch die Kohlenhydrate. Ein Grund dafür ist, dass die Fettsäuren erst aus den Fettzellen mobilisiert und zum Muskel transportiert werden müssen. Glykogen dagegen ist direkt im Muskel vorhanden und steht sofort zur Verfügung, weshalb am Anfang diese Form zur ATP Bildung genutzt wird und später bei niedriger Intensität vermehrt auf Fettsäuren umgestellt wird.

Steigt die geforderte Muskelintensität (im mittleren Bereich) an, so verschiebt sich die Energiegewinnung zur ATP Herstellung wieder vermehrt zur Verbrennung von Kohlenhydraten, um die Menge an benötigter Energie liefern zu können. Bei sehr langen aeroben Belastungen (ab 90 Minuten) kann bei reduzierten Glykogenspeichern und keiner Nahrungsaufnahme auch Eiweiß zur Energiegewinnung genutzt werden.

Dies ist der Grund, warum bei Trainings über 90 Minuten ein Kohlenhydratgetränk Sinn machen kann, um nämlich der Eiweißverstoffwechslung entgegen zu wirken. Dies sei nur am Rande erwähnt, da Eiweiße nicht direkt zu ATP Gewinnung genutzt werden können, sondern nur deren Bestandteile aus Zucker und Fettsäuren. Denn Eiweiße werden zuvor in Zucker umgewandelt, aus denen dann wieder wie bekannt ATP gewonnen wird. Eiweiße sind also nicht direkt nutzbar, sondern müssen ein Schritt zuvor in Zucker umgewandelt werden; dieser Umwandlungsprozess heißt Gluconeogenese.

 

3. Anaerobe Energiegewinnung ohne Entstehung von Milchsäure (Lactat)

Ist die Belastungsintensität hingegen sehr hoch bis maximal, wie beim Gewichtheben, so reicht die aerobe Energiegewinnung zur Bildung von ATP nicht aus, da die aerobe Verstoffwechselung zu lange dauert und so nicht die hohe, benötigte Energiemenge pro Zeit erreicht wird.

Deshalb greift der Muskel in den ersten 1 – 2 Sekunden direkt auf das ATP zu, das im Muskel gespeichert ist. In den darauffolgenden 10 – 30 Sekunden findet die Energiegewinnung in der Zellmembran statt, gesteuert durch Enzyme und unter Einsatz von Kreatinphosphat.

Das Kreatinphosphat ist in den Muskelzellen in geringen Mengen gespeichert. Kreatinphosphat gibt das enthaltene Phosphat an ADP unter Bildung von ATP ab. Bei diesem Vorgang wird kein Sauerstoff benötigt. Durch diesen Prozess kann am meisten ATP pro Zeiteinheit hergestellt werden, sodass in kürzester Zeit die maximale Energie zur Bildung von ATP zur Verfügung steht für eine maximale Intensitäten der Muskelbelastung.

Als Abfallprodukt der Neubildung von ATP durch ADP mit Kreatinphosphat entsteht Kreatin. Der Kreatinphosphat-Speicher in den Muskelzellen ist je nach Belastungsintensität nach 10 – 30 Sekunden erschöpft, sodass vermehrt in eine anaerobe Energiegewinnung mit Entstehung von Milchsäure (Laktat) übergegangen wird.

Gerade der Energiegewinnungsprozess durch Kreatinphosphat ist bei der Betrachtung von Supplements zu beachten, – aber dazu mehr im Artikel Kreatin.

 

4. Anaerobe Energiegewinnung mit Entstehung von Milchsäure (Lactat)

Die Energiegewinnung findet in der Zellmembran statt, gesteuert durch Enzyme, wobei Glykogen umgewandelt wird in Traubenzucker. Dieser wird ohne Sauerstoff zu Milchsäure (Lactat) abgebaut unter Bildung von ATP. Kohlenhydrate können also auch ohne Sauerstoff für eine kurze Zeit im Stoffwechsel verwendet werden bzw „brennen“.

So wird zwar in derselben Zeit nur halb so viel ATP neu gebildet wie bei der anaeroben Energiegewinnung ohne Entstehung von Milchsäure, dennoch handelt es sich um eine ausreichende Energiefreisetzung, um die hohe Leistung annähernd aufrecht zu halten. Diese Energiegewinnung ist extrem ineffizient, denn bei der Verbrennung/Abbau von einem Traubenzucker ohne Sauerstoff werden 2 ATP erzeugt, im Vergleich zu 38 ATP bei der aeroben Verbrennung mit Sauerstoff, bei der also ein Vielfaches mehr Energie aus einem Traubenzucker gewonnen wird.

Dennoch ist die Verbrennung von Kohlenhydraten ohne Sauerstoff viel schneller, sodass insgesamt trotzdem ein Vielfaches an Energie pro Zeit bereitgestellt wird gegenüber der aeroben Energiebereitstellung, deren Reaktionswege zwar mit hoher Effizienz erfolgen, aber eben viel länger dauern. Diese Art der Energiebereitstellung hält bei annähernd maximaler Intensität 20 – 40 Sekunden, sodass sich bei anaerober Energiebereitstellung insgesamt eine Leistungsaufrechterhaltung von 30 – 70 Sekunden ergibt.

Muskelversagen

Der Grund für diese begrenzte Dauer ist die Milchsäure (Laktat). Durch die Milchsäure übersäuert der Muskel (der pH-Wert sinkt). Der pH-Wert ist extrem wichtig für den Säure-Base-Haushalt des Körpers. Der Körper schafft es nun nicht mehr, die entstandene Milchsäure schnell genug abzutransportieren bzw. abzupuffern.

Durch die hohe Säurekonzentration im Muskel werden die Stoffwechselvorgänge verlangsamt bzw. die Enzyme gehemmt. Da die Verbrennung von Kohlenhydraten ohne Sauerstoff von Enzymen in der Zellmembran gesteuert werden, wird dieser Prozess ausgebremst. Dadurch wird nicht mehr genügend ATP hergestellt, und der Muskel ist am Ende nicht mehr in der Lage, zu kontrahieren. Dies nimmt man sprichwörtlich als Muskelversagen wahr. Es handelt sich hierbei gewissermaßen auch um eine Schutzfunktion gegen eine beliebige Übersäuerung und damit einhergehende Zellschädigung. Die Übersäuerung des Muskels kann auch als Brennen im Muskel bei der Belastung wahrgenommen werden.

Wie Diäten das aerobe System beeinflussen

Aufgrund dieser Zusammenhänge wird auch verständlich, dass durch eine Low Carb Diät reduzierte Glykogenspeicher sich negativ auf die Trainingsperformance auswirken, da die schnelle Bereitstellung von Traubenzucker aus den Glykogenspeichern zur ATP Bildung nicht optimal erfolgen kann.

Für aktiv Trainierende kann das Puffersystem des pH-Wertes von Interesse sein, da man durch dessen Unterstützung eine Übersäuerung hinauszögern kann, um länger die geforderte Leistung aufrecht zu erhalten. Auf diese aus dem Säure-Base- Haushalt bekannten Puffersysteme wird bei den Nahrungsergänzungsmitteln nochmal eingegangen.

 

Aerober und anaerober Stoffwechsel im Wechsel

Die verschiedenen Energiebereitstellungen zur Bildung von ATP laufen dabei nicht in digitalen Stufen nacheinander ab, sondern parallel nebeneinander, und je nach Belastungsintensität fährt ein Energiegewinnungssystem hoch bzw. übernimmt den Hauptteil, wenn eine Art der Energiegewinnung nicht mehr ausreicht, um die Belastungsintensität aufrecht zu erhalten. Die aerobe Energiegewinnung findet allerdings permanent in den Zellen statt, weshalb wir unter anderem atmen um dauerhaft Sauerstoff und Abfallprodukte auszutauschen. Dieser Prozess wird ab einer bestimmten Intensität von der anaeroben Energiebereitstellung bis zu den Höchstleistungen unterstützt, bis auch das anaerobe System an seine Grenzen kommt und ermüdet.

 

Quellen:

Teager, Frank: Stärker Breiter Schneller, https://www.taegerfitness.de/buch-sale/

https://de.wikipedia.org/wiki/Energiebereitstellung,(01.07.2019)