Biologische Wertigkeit von Eiweiß ist ein interessantes Thema, wenn es um den Proteinbedarf für den Muskelaufbau geht. Denn durch die Biologische Wertigkeit von Eiweiß, lässt sich sagen wie gut ein Protein im Körper genutzt werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Biologische Wertigkeit von Eiweiß: Was ist das?

Nachdem die einzelnen Aminosäuren und Peptide ins Blut gelangt sind, benutzt der Körper diese, indem er sie für seine Zwecke wieder zu Proteinen zusammenbaut. Während eines Muskeltrainings werden Eiweiße im Muskel zerstört. Diese repariert der Körper im Nachhinein und baut zusätzlich als Schutzreaktion (Superkompensationsodell) vor einer weiteren, schweren Beanspruchung zusätzliches Eiweiß auf, das als Muskelwachstum bezeichnet wird.

Für den Aufbau und die Reparatur von Proteinen wird aus der Erbsubstanz sozusagen der Bauplan abgelesen, in dem beschrieben ist, wie mit welchen einzelnen Aminosäuren neue Muskelproteine zusammenzusetzen sind. Der springende Punkt dabei ist, dass alle Aminosäuren im richtigen Verhältnis vorliegen müssen, damit daraus in Kombination mit dem Bauplan das richtige Protein entstehen kann. Je nachdem ob ein passendes Verhältnis vorliegt oder nicht sprich man von einer guten oder einer schlechten Biologischen Wertigkeit.

Hierzu ein Beispiel für die Biologischen Wertigkeit. Der Einfachheit halber betrachten wir ein nur aus 4 Aminosäuren bestehendes Protein, aus 2 essenziellen und zwei nicht essenziellen Aminosäuren.

Wie viel Eiweiß am Tag?

Der Eiweißstoffwechsel

 

Hohe Biologische Wertigkeit – Szenario 1

Mit der Nahrung werden 4 essentielle und 4 nicht essentielle Aminosäuren aufgenommen. Der Körper hat nun alle Bausteine zur Verfügung und kann damit 2 Muskelproteine bauen. Daher könnte man sagen, dass die zugeführte Nahrung eine hohe Biologische Wertigkeit hatte, da alle Aminosäuren genutzt werden konnten.

Hohe Biologische Wertigkeit

 

Mittlere Biologische Wertigkeit – Szenario 2

Mit der Nahrung werden 3 essentiellen Aminosäure und 1 nicht essentielle Aminosäure aufgenommen. Der Körper stellt nun die fehlenden, nicht essentiellen Aminosäuren selbst her. Er baut daraus ein Protein. Aus der Nahrung ist 1 essentielle Aminosäure übrig geblieben. Mit dieser kann er kein weiteres Protein herstellen, da die zweite essentielle Aminosäure fehlt. Diese stellt also einen limitierenden Faktor dar, der verhindert, dass noch mehr Protein hergestellt wird. Hier war also die Biologische Wertigkeit der Nahrung nur mittelprächtig, da Teile der Nahrung nicht ganz genutzt werden konnten.

mittlere Biologische Wertigkeit

 

Niedrige Biologische Wertigkeit – Szenario 3

Werden 1 essentielle und 8 nicht essentielle Aminosäure aufgenommen, stellt die essentielle Aminosäure wieder den limitierenden Faktor da. Es kann sogar gar kein Protein hergestelt werden, obwohl 9 Aminosäuren vorhanden wären, aber eben im komplett falschen Verhältnis. Daher könnte man sagen, dass das konsumierte Eiweiß eine mieserable Biologische Wertigkeit hat, da daraus kein Protein aufgebaut werden konnte.

Niedrige Biologische Wertigkeit

 

 

Wie wird die Biologischen Wertigkeit angegeben?

Und genau in dieser Weise funktioniert es auch in echt, nur eben mit allen Aminosäuren. Dabei verleiht man Lebensmitteln eine „Biologische Wertigkeit“ (abgekürzt BV). Diese ist um so höher, je mehr sich das Aminosäurenverhältnis der Nahrung dem menschlichen Funktionseiweiß angleicht.

Je geringer der limitierende Faktor, desto besser kann der Körper die meisten Proteine aus der Nahrung aufbauen. Eine der essentiellen Aminosäuren stellt dabei immer den limitierenden Faktor dar; sie ist nicht in ausreichender Menge vorhanden, da essentielle Aminosäuren nicht vom Körper produziert werden können. Nicht essentielle Aminosäuren können bei Bedarf selbst hergestellt werden, so dass sie nie der limitierende Faktor einer Eiweißquelle sein können.

Als Referenzwert für die Biologische Wertigkeit wird in der Praxis ein Vollei genommen. Diesem hat man eine Biologische Wertigkeit von 100 zugeordnet und andere Nahrungsmittel dazu in Referenz gesetzt. Besitzt ein Lebensmittel also eine bessere Aminosäurenzusammensetzung als ein Ei, ist dessen Wertigkeit über 100.

Die höchsten Wertigkeiten, die bisher erreicht wurden, lassen sich jedoch nicht mit einzelnen Nahrungsmitteln erreichen, sondern erst mit Kombinationen aus verschiedenen Nahrungsmitteln. Dabei hat eine Nahrungszusammensetzung aus 36% Kartoffeln und 64% Ei mit 136 die höchste Wertigkeit. Eine Wertigkeit von 0 hingegen hat kollagenes Eiweiß.

In der nachfolgenden Tabelle sind einige Beispiele aufgelistet, zudem findest Du einen PDF Download mit einer längeren Liste.

Biologische Wertigkeit download

 

 

 

NahrungsmittelBiologische Wertigkeit
36% Vollei + 64% Kartoffel
136
Vollei100
Rindfleisch80
Whey-Protein100-104
Kartoffel71
Mais54
Gelatine25

 

 

Biologische Wertigkeit von Eiweiß in der Praxis

Tierische Eiweiße haben generell eine bessere Biologische Wertigkeit als pflanzliche, da sie dem menschlichen Proteinaufbau ähnlicher sind. Je nachdem, wie wertig eine Eiweißquelle ist, muss weniger Eiweiß gegessen werden. Allerdings essen wir normalerweise bei einer Mahlzeit viele verschiedene Nahrungsmittel gleichzeitig, wodurch meistens eine ordentliche, gesamte Wertigkeit von durchschnittlich ca. 80 entsteht.

Darüber hinaus ist nicht nur die Biologische Wertigkeit eines Lebensmittels entscheidend, sondern auch die Kohlenhydrate und Fette und deren jeweilig verzehrte Menge. Es kann in Diäten Sinn machen, Produkte zu essen, die eine schlechtere Wertigkeit haben, die dafür aber weniger Kalorien, Kohlenhydrate und Fett aufweisen und nahezu nur aus Eiweiß bestehen.

 

Qualität vs. Quantität

Kartoffeln und Ei haben z.B. viele Kohlenhydrate und Fette. So muss man z.B. für 30g Eiweiß insgesamt 500 – 600g Kartoffeln und 1 Ei essen. Dagegen bringt es 200g mageres Fleisch auf 40g Eiweiß mit wenig Fett und Kohlenhydraten. So wird die geringere Biologische Wertigkeit durch mehr Eiweiß wettgemacht mit dem zusätzlichen Vorteil, dass weniger Kohlenhydrate und Fett konsumiert wird.

Auch die finanzielle Komponente spielt eine Rolle: Wenn z.B. ein wertiges Produkt extrem teuer ist, macht es Sinn, ein weniger Wertiges vorzuziehen und davon einfach mehr zu essen, um auf den gleichen Effekt für weniger Geld zu kommen. Gerade aber die durchschnittliche tägliche Biologische Wertigkeit einer gemischten Nahrungszusammensetzung von 80 ist ein schlagendes Argument, das zeigt, dass es nicht sonderlich wichtig ist, auf die Wertigkeit von Eiweißquellen zu achten. Vielmehr ist die zugeführte Menge zu beachten.

Fazit: Überbewerte das Thema „Biologische Wertigkeit“ nicht, es erfüllt sich durch eine abwechslungsreiche Ernährung von allein. Richte Deinen Fokus auf Deine zu erzielende Menge an Proteinen, die enthaltenen Kalorien und andere Makronährstoffe und falls notwendig die Kosten Deiner Nahrungsmittel.

 

Ist zu viel Eiweiß gefährlich?

Im Artikel Glykämischer Index geht es um die Bewertung von Kohlenhydraten.

 

Quellen:

https://www.uebungen.ws/biologische-wertigkeit-massstab-fuer-die-qualitaet-von-protein/ , (01.07.2019)

Christian von Loeffelholz: Ernährungsstrategien in Kraftsport und Bodybuilding: Optimaler Muskelaufbau, beschleunigter Fettabbau, gesteigerte Kraftleistung. Novagenics; Auflage: 10 (1. November 2009)